Sexualität leben!
 

Fragen und Antworten zur Sexualtherapie

 Der "vorzeitige Samenerguss"

Die sogenannte Ejaculatio praecox (der vorzeitige Samenerguss) ist das Problem sehr vieler heterosexueller Männer. Es ist fast nie organischer Natur. Und leider helfen da weder Tipps noch Bücher noch Medikamente noch Ärzte (in der Regel jedenfalls nicht, denn die lernen das nicht in ihrer Ausbildung) noch Selbstkontrolle noch sonstige Tricks. Sie haben nämlich in Ihrer "Sexualisation" keine (ausreichende) Kontrolle über Ihren Ejakulations-Reflex "gelernt", d. h. lebensgeschichtlich erworben. Sie stürzen daher gleichsam blind kopfüber in den Orgasmus, ohne ausreichend auf Ihre eigenen Empfindungen und die Reaktionen Ihrer Partnerin zu achten - wie sehr viele andere Männer leider auch.

Abhilfe schafft da nur eine "funktionale Sexualtherapie" nach Masters & Johnson, in die auch Ihre Partnerin einbezogen werden müsste. Es bestehen gute Heilungsaussichten (obwohl: eine "Krankheit" ist das nicht!) bei qualifizierter Therapie und strikter Compliance, d. h. Befolgung der therapeutischen Anweisungen. Die Therapie kann ca. 15 - 30 Sitzungen dauern.

Leider gibt es in Deutschland nur sehr wenige qualifizierte Sexualtherapeuten, weil Sexualtherapie bei uns kein ordentliches Studienfach ist.


 Potenzstörungen - "erektile Dysfunktion"

Eigentlich müssten am Anfang einer sexualtherapeutischen Konsultation eine Reihe von konkreten, persönlichen Fragen gestellt und beantwortet werden. Dies ist aber auf einer Webseite oder auch im Rahmen eines mail- oder Briefwechsels unpraktisch bis unmöglich. Daher müssen wir uns hier zunächst mit einer allgemeinen Darstellung verschiedener Aspekte der Problematik begnügen.

Oft könnte eine Stress- oder Angstsituation eine hinreichende Ursache sein. "Dagegen tun" können Sie dann am ehesten nichts - nämlich auf partnerbezogenen Sex solange verzichten, bis Sie selbst sich hinreichend stressfrei und lustvoll fühlen. Sie sollten sich auch überlegen, dass Sexualität nicht zwangsläufig mit Erektion (Gliedsteife) und Ejakulation (Samenerguss) verknüpft sein muss.

Klienten mit Erektionsproblemen versuchen wir zunächst, einige allgemeine Grundlagen zu erklären. Manches könnte auf Ihre Situation zutreffen:

Es kommt ja bei Männern - nicht nur bei unerfahrenen, unsicheren und "nervösen" - gelegentlich bis ziemlich oft zu mangelhafter oder auch ausbleibender Gliedsteife. Das ist häufig durchaus im Bereich des Normalen. Erst wenn das oft oder gar (fast) immer passiert, ist es ein Problem.

Sicher haben Sie schon von der verschreibungspflichtigen (und in der Regel nicht von den Kassen bezahlten) "Potenzpille" VIAGRA gehört. In vielen Fällen kann deren Einnahme auch sinnvoll sein; das sollte aber grundsätzlich ein Androloge oder Urologe nach Untersuchung entscheiden. - Die Ursachen einer Erektionsschwäche können aber auch in eine andere, nicht-organische Richtung deuten, die dauerhaft nicht mit Pillen therapiert werden sollte.

Wir müssen wissen, ob die Erektionsschwäche schon früher auftrat und vielleicht schon seit langem besteht. Wir müssen auch eine Sexualanamnese (genaue Geschichte Ihrer sexuellen Erfahrungen und Gefühle) machen, um präzise analysieren und raten zu können. - Wenn Sie bei der Masturbation (ohne andere Beteiligte bzw. Zuschauer) in der Regel keine Erektionsprobleme haben, können Sie zwei Dinge annehmen: erstens, Sie sind physiologisch (körperlich) "in Ordnung"; zweitens, Ihre Probleme rühren von seelischen Ursachen (z. B. Stress, Selbstunsicher-heit, Hemmungen, Ängsten, Schuldgefühlen, Gelangweiltsein duch die Partnerin u. a.).

Im folgenden geben wir einige allgemeine Tips für den Fall, dass Sie vielleicht Ängste haben oder sich selbst einem schädlichen Leistungsdruck aussetzen ("verdammt, ich muss das doch schaffen!"). Oder Sie erinnern sich an die Fehlschläge von den letzten Malen und wiederholen die dann unbewusst und zwanghaft: im Weg der "sich selbst erfüllenden Prophezeihung".

Versuchen Sie dann, Ihren Sex locker zu sehen - als Spiel, ohne feste Zielrichtung, ohne Konzentration auf Orgasmus, am besten zunächst unter Verzicht auf Orgasmus. Nehmen Sie sich viel Zeit mit "Vorspiel": zärtliches Streicheln am ganzen Körper, nicht sofort an "Sex" (im Sinne von Glied/Scheide-Kontakt) denken, sondern das nur und erst versuchen, wenn die Erektion stark ausgebildet ist. Man kann nämlich Sexualität auch ohne "Beischlaf" geniessen!

Wenn das alles keine Besserung bringt, dann müssen Sie einen Sexualtherapeuten persönlich konsultieren. Der kann Ihnen wahrscheinlich durch eine besondere Therapie helfen - durch eine sogenannte "funktionale Sexualtherapie" nach Masters & Johnson, verbunden evtl. mit einem "Sensibilitäts-Training". In bestimmten therapeutischen Schritten "entlernt" man das "falsche" (störende, behinderne) und "lernt" dafür das "richtige" Verhalten. Dazu braucht man (als Heterosexueller) eine Partnerin, mit der man zuhause bestimmte Übungen nach zuvor erteilten Anweisungen des Therapeuten macht. Die auftretenden Reaktionen werden in der anschliessenden Sitzung besprochen, und man schreitet Stufe um Stufe fort, bis man eine befriedigende Sexualität auch in der Partnerbeziehung "gelernt" hat.

Leider gibt es aber in Deutschland nur sehr wenige qualifizierte Sexualtherapeuten, weil Sexualwissenschaft und -therapie an deutschen Universitäten keine ordentlichen Hauptfächer sind. Lange Wartezeiten und lange Anfahrtswege sind daher oft unvermeidlich.


Was tun bei Anorgasmie oder Orgasmusstörung?

Zunächst mal eine Begriffsklärung. Von "Anorgasmie" sprechen wir beim völligen Fehlen von Orgasmus, wenn also der sexuelle Höhepunkt noch nie (oder schon lange nicht mehr) erreicht wurde. Eine "Orgasmusstörung" liegt dagegen dann vor, wenn dies nur selten und unter grossen Schwierigkeiten möglich ist. Was genau vorliegt - ob nun tatsächlich noch nie ein Orgasmus erlebt wurde, also auch nicht bei der Selbstbefriedigung allein, oder "nur" noch nie in Gegenwart und mit einem anderen Menschen, oder ob dies nur selten gelingt, muss zunächst geklärt werden.

Wie auch immer: wahrscheinlich kann eine sogenannte "funktionale Sexualtherapie" (als Paartherapie) helfen - siehe diese "Sex-FAQs" an anderer Stelle.


 Was tun bei sexueller Lustlosigkeit (Libido-Schwäche)?

Menschen - Männer wie Frauen - haben nicht immer Lust auf Sex. Dies ist völlig normal: wir sind ja keine Sex-Maschinen. Hier ist aber nicht die Rede von der bei uns allen gelegentlich vorhandenen Unlust, die natürlich ist und mit der man in jeder Partnerschaft umzugehen lernt, sondern von einem deutlichen Auseinanderklaffen der sexuellen Bedürfnisse: der oder die eine will (fast) immer, die oder der andere (fast) nie. Das kann ein ernstes Problem ein.

Dies kann mehrere Ursachen haben. Vielleicht ist ein allmähliches Nachlassen der sexuellen Anziehungskraft verantwortlich, vielleicht stört uns auch etwas am anderen. Vielleicht ist aber auch "von Natur aus" die sexuelle Bedürftigkeit unterschiedlich - auch unterschiedlich stark - ausgeprägt. Was auch immer die Ursachen sein mögen: oft kann eine funktionale Sexualtherapie bzw. ein "sexual attitude restructuring program" (SAR) bei einem erfahrenen Sexualtherapeuten helfen.